# Prozesscontrolling und Prozesssimulation ![image_383.png](image_383.png) ## Lernziele 1. [Kennzahlen für Controlling](#eingangsparameter) 2. [Durchlaufzeit/Zykluszeit analytisch berechnen](#berechnung-der-dlz) 3. Elemente einer [Prozesskostenrechnung](#eingangsparameter) beschreiben 4. einfache [Prozesskostenrechnung](#prozesskostenrechnung-pkr) durchführen 5. [Little's Law](#little-s-law) erläutern, anwenden 6. Grundprinzipien/allgemeines Vorgehen von Simulationen 7. Vor-/Nachteile von Simulationen ## Prozesscontrolling ## Analytische Verfahren zur Untersuchung von Prozessen ### Statische Analyse | Qualitative Analyse | Quantitative Analyse | |-----------------------------------------------|--------------------------------------------------------------------------| | Schwerpunkt auf Konsistenz, Gültigkeit der PM | Mathematische Bewertung | | | Verarbeitungszeit/-kosten einer einzelnen Aktivität | | | ca. Auftretenswahrscheinlichkeit | | | Minimale, Maximale, Durchschnitt Zeit/Kosten einer Folge von Aktivitäten | | | Erforderliches Personal | #### Qualitative statische Analyse (Schwerpunkt Konsistenz, Validität) - Überprüfung Modellqualität - Skript erstellt Prozessbericht - **Beispiel** - Alle Aktivitäten melden, die - Bearbeitungszeit > / < x - erforderlich für Bearbeitung von Formular - manuellen Eingriff brauchen #### Verbesserungsmöglichkeiten identifiziert - Prozesstätigkeiten ohne klare Zuständigkeit - zeit-/kostenintensiven Aktivitäten (_Kostentreiber_) - Gemeinsame Ressourcennutzung (potenzielle Engpässe) - Zusammenlegung / Integration von Aktivitäten ### Quantitative Analyse - **Ziel** - Berechnung Kosten/Zeit pro Prozess - Minimal, Durchschnittlich, Maximal - **Erforderliche Informationen** - Zeit- & Kosteninformationen - Häufigkeit ## Eingangsparameter ### Zeit & Kosten #### Zeit - Rüstzeit - Liegezeit - Bearbeitungszeit - Transportzeit #### Kosten - Personal - Material - Gemeinkosten - Verwaltung - indirekte Kosten ### Häufigkeiten und Verteilungen #### Häufigkeiten - Wie oft in einer best. Zeitspanne #### Verteilungen - Entscheidungspunkte im Prozess - bspw. 40%/60% Pfad A/B ## Zeitorientierte Größen ### Durchlaufzeit (DLZ) - Zeitdauer, die Objekt im Prozess benötigt - Beinhaltet: - **Bearbeitungs-/Prozesszeit (BZ/PZ)** - **Wartezeit (WZ)** - **Liegezeit (LZ)** - Zeit, welche Aktivitäten durchschnittlich nach Bearbeitung bei Akteuren liegen - **Transportzeit (TZ)** - Zeit, die durchschnittlich durch Transport zwischen Aktivitäten anfällt - **Aktivitätszeit** = BZ + WZ + LZ + TZ - **Zykluszeit** - Gesamtsumme aller Durchlaufzeiten aller Prozesspfade - ![image_385.png](image_385.png) #### Durchschnittliche Durchlaufzeit - komprimierte Zeitdauer eines Prozesses - ![image_384.png](image_384.png) ### Zeiteffizienz - Ermittlung des Zeitniveaus - \> 10% → gut - < 5% → Verbesserungspotential - = BZ/DLZ ### Termintreue - Zuverlässigkeit des Prozesses - ![image_386.png](image_386.png) ## Berechnung der [DLZ](#durchlaufzeit-dlz) ### Sequenzielle Aktivitäten - ![image_387.png](image_387.png) - Addition ### Parallele Gateways - ![image_388.png](image_388.png) - Maximalwert aller Werte (Zeit) - Summe (Kosten) - ![image_390.png](image_390.png) ### Exklusive Gateways - ![image_389.png](image_389.png) - | | Minimum | Durchschnitt | Maximum | |--------|-----------------------|---------------------------------------|-----------------------| | Zeit | min(aller Werte) 2 | Summe(Wahrscheinlichkeit*Zeit) 2,7 | Max(aller Werte) 3 | | Kosten | min(aller Werte) 1200 | Summe(Wahrscheinlichkeit*Kosten) 1760 | Max(aller Werte) 2000 | ### Inklusives Gateway - ![image_391.png](image_391.png) - | | Minimum | Durchschnitt | Maximum | |--------|-----------------------|--------------------------------------------|-----------------------| | Zeit | Min(aller Werte) 2 | Summe(Prob. * Zeit)/Summe(alle prob.) 2,75 | Max(aller Werte) 3 | | Kosten | Min(aller Werte) 1200 | Summe(prob * Kosten) 2160 | Max(aller Werte) 3200 | ### Nacharbeiten (Schleifen) - ![image_392.png](image_392.png) - | einfacher Rework | mehrfacher Rework | |------------------|-------------------| | (1+r) * T | T / (1-r) | | 54min | 56,25min | - T = Summe der Aktivitätszeiten in der Schleife - r = Wahrscheinlichkeit für rework ### Übung - ![image_393.png](image_393.png) ## Prozesskostenrechnung (PKR) - Abrechnungstechnik - ordnet Kosten den einzelnen Tätigkeiten zu - Wählt Mengengerüst der durch einen GP laufenden Transaktionen - Kosten auf Aktivitäten/GP verrechnen - Einschränkungen - Kosten werden nicht verändert/gelöscht - Liefert nur **Informationen wo welche Kosten entstehen** - **Tätigkeiten und Kosten im Vergleich** (_vor/nach Prozessgestaltung_) - **Häufigkeit und Kosten der Tätigkeiten** (_vor/nach Prozessgestaltung_) - **Kosten der Null-Variante** - Was, wenn Prozessgestaltung nicht umgesetzt wird - Welche Prozesse(/-teile) sind (wie) **wertschöpfend** ### Grundsätze PKR - Aktivitäten verbrauchen Ressourcen - verursacht Kosten - Umwandlung von indirekten in direkte Kosten ### Anwendungszweck PKR - Hohe Gemeinkosten (bspw. Bereich Fertigung und Entwicklung) - hohe Fehlerkosten - Ineffizienz - Ausgeprägter Konkurrenz ### Beispiel PKR ![image_394.png](image_394.png) ## Little's Law - 3 Kennzahlen für Prozesse im Verhältnis - [Durchlaufzeit](#durchlaufzeit-dlz) - **Output-Rate (_Flow Rate/Throughput_)** - Menge des Outputs pro Zeiteinheit - **Bestand (Inventory)** - Anzahl der (Durchfluss-)Einheiten - **Bestand = Output-Rate * Durchlaufzeit** - **Durchflusseinheit** - Art des Produkts oder der Dienstleistung, mit der der Prozess zu tun hat ### Beispiele Little's Law | | US Immigration | Champagne Industry | MBA Program | Large Car Manufactor | |-------------------|---------------------------|-----------------------------|-----------------------------|----------------------| | Durchflusseinheit | Antrag | Flasche Champagner | Student | Auto | | Output-Rate | Bearbeitete Fälle pro Tag | Verkaufte Flaschen pro Jahr | Abschlussklasse | Verkäufe pro Jahr | | Durchlaufzeit | Bearbeitungszeit | Zeit im Weinkeller | 2 Jahre | 60 Tage | | Bestand | Offene Fälle | Inhalt Weinkeller | Anzahl Studenten des Campus | Inventar | ### Durchführung Little's Law 1. Beobachten des Patienteninventars zu zufälligen Zeitpunkten - Durchschnittswert erhalten 2. Behandlungsscheine/Aufzeichnungen zählen - Output-Rate erhalten 3. DLZ berechnen #### Beispiel Durchführung Little's Law ![image_395.png](image_395.png) ### Bemerkungen / Annahmen Little's Law - Zufluss und Abfluss sind langfristig ausgeglichen - Robust gegenüber Schwankungen - Alles Durchschnittswerte - Schwankungen drumherum werden ignoriert - Hängt nicht von Reihenfolge ab in der Flusseinheiten bedient werden - Was innerhalb der Blackbox passiert spielt keine Rolle ### Übung Little's Law ![image_396.png](image_396.png) ## Prozesssimulation ### Definition - Nachbildung der Ist-/Soll-Realität - zum Optimieren - dynamisch experimentieren ### Nutzenpotential - Betriebsabläufe ohne Unterbrechungen verbessern - Vermeidung langwieriger Feinabstimmungen - Reduzieren der DLZ, LZ - Lokalisierung von Schwachstellen und Engpässen - Bewertung alternativer Konzepte ### Simulation als Entscheidungsgrundlage - ![image_439.png](image_439.png) ### Anwendungsbereiche | Bereich | Beispiele für Einsatz | |----------------------------------------|----------------------------------------------------------------------------| | Konstruktion und CAD | Bewegungssimulation
Montagemöglichkeiten | | Fertigung und Logistik | Kapazitätsdimensionen neuer Maschinen
Materialdurchflussuntersuchungen | | Organisationsgestaltung der Verwaltung | Personalkapazitätsplanungen
Optimierung Arbeitsabläufe | | Schulungen und Training | Ausbildung und Training neuer Mitarbeiter
Unternehmensplanspiele | ### Ziele - ![image_440.png](image_440.png) ### Voraussetzungen - **Vollständigkeit der Modellierung** - Erfassung von Zeit und Kosten - Bearbeiterzuordnung - Subprozesse - **Angaben über Häufigkeit von Prozessausführungen** - Prozesskalender - Bearbeiterkalender - Prozessmengen - **Auswertbarkeit von Entscheidungen** - Variablenbelegung bzw. Attributwerte - Übergangsbedingungen und Wahrscheinlichkeiten ### Analysegrößen ![image_441.png](image_441.png) ### Vorgehen ![image_442.png](image_442.png) ### Implementierung Simulationsmodell - Aktivitätssicht des Workflow-Diagramms grafisch nachbilden - nicht Organisationsschicht - nicht Informationsschicht ## What-If-Analyse - Verbesserungsinstrument - Bewertung von Änderungen auf Unternehmen - strategische, taktische, operative - anhand verschiedener Szenarien - realitätsnah ohne Unterbrechung - Erlaubt Beantwortung folgender Fragen - Wie verkürzt sich BZ wenn Ressourcen verdoppelt werden - Wie hoch ist Kosten-Nutzen-Verhältnis bei verkürzung der BZ - Wie wirkt sich Veränderung der Arbeitsschichtkonfiguration auf Betriebskosten aus ### Vor-/Nachteile | Vorteile | Nachteile | |------------------------------------------------------------|-----------------------------------------------------------------| | Quantitative Auswertung von komplexen PM | Qualität der Ergebnisse abhängig von Qualität der Eingangsdaten | | Prüfung von Handlungsalternativen ohne viel Risiko/Aufwand | Definition von Störgrößen problematisch | | What-If Szenarien | Notwendigkeit der Validierung der Plausibilität | | Verbesserung Prozessbeherrschung | Realitätsnähe | | Simultane Auswertung von Informations-/Materialflüssen | Isoliertes, in sich geschlossenes System | | Identifikation Schwachstellen | erzeugt nicht automatisch entscheidungsreife Vorschläge | | Auf-/Umbau nicht Notwendig | | ### Simulationswerkzeuge - Nur mit Computer möglich ## Ebenen der Prozesssimulation (Bizagi) ![image_443.png](image_443.png) ### Ebene 1 - Prozessvalidierung - Prozess durchläuft alle Sequenzflüsse und verhält sich wie erwartet - Ressourcen, BZ und Kosten nicht berücksichtigt - Gateways synchron - Nachrichten synchron - Entscheidungswahrscheinlichkeiten korrekt - Routing wie erwartet - Alle Token beendet ### Ebene 2 - Zeitanalyse - End-to-End-Prozesszeit messen - Ressourcen nicht berücksichtigen - Best-Case-Szenario unter gegebenen Fluss-/Bearbeitungszeiten ### Ebene 3 - Kalenderanalyse - Auswirkungen der Ressourcenverfügbarkeit im Laufe der Zeit - Veränderte Bedingungen - Feiertagen, Wochenenden, Schichten, Pausen - Zeigt - Unter-/Überauslastung - Gesamtkosten der Ressourcen - Gesamtkosten Aktivität - Verzögerungen - erwartete Zykluszeit ## Beispiel Prozesssimulation ![image_444.png](image_444.png) - Ergebnis - ![image_445.png](image_445.png) ### Konfiguration Level 1 - ![image_446.png](image_446.png) - Ergebnis - ![image_447.png](image_447.png) ### Konfiguration Level 2 - ![image_448.png](image_448.png) - Ergebnis - ![image_449.png](image_449.png) ## Zusammenfassung Simulation - Methode zur Bewertung der Leistung eines GM - verschiedene Aspekte - Zeit, Verfügbarkeit, Kosten - Ziele: - Überprüfung der Prozessfähigkeit - Validierung der Realitätsnähe der Prozessmodelle - Bewertung alternative PM - What-If-Analyse nützlich zur Bewertung der Auswirkung auf Unternehmen - strategische, taktische, betriebliche Änderung